11Polizei-Obdachlosenanstalt

Hüpedenweg 10-12
(Hüpedenweg 2)

Aufmarsch von NS-Organisationen
Aufmarsch am Kornmarkt, nach 1933 (Stadtarchiv Nordhausen). Die Nationalsozialist:innen propagierten die „Volksgemeinschaft“ der deutschen „Herrenmenschen“. Zugleich grenzten sie alle aus, die sie als nicht zugehörig betrachteten.

Seit 1933 verschärfte sich die Diskriminierung und Verfolgung sogenannter „Asozialer“. Personen, die nicht in die nationalsozialistische Volksgemeinschaft zu passen schienen, wurden ausgesondert und durch polizeiliche Maßnahmen drangsaliert. Ab 1938 wurden tausende als „Gemeinschaftsfremde“ klassifizierte Menschen in einer reichsweiten Aktion in die Konzentrationslager eingewiesen. Dieser gingen auch in Nordhausen ausgrenzende Maßnahmen der lokalen Verwaltung voraus.

Zu den sogenannten „Asozialen“ zählten die Nationalsozialist:innen Menschen ohne festen Wohnsitz, Bettler:innen, Fürsorgeempfänger:innen, Alkoholiker:innen, Prostituierte und weitere. Als „asozial“ eingestufte Menschen wurden häufig zwangssterilisiert, in der Regel mit der Begründung „angeborener Schwachsinn“. Im Frühjahr und im Sommer 1938 wurden mehr als 10.000 Menschen als „Asoziale“ in die Konzentrationslager verschleppt. Zunächst jedoch lag die Initiative zur Verfolgung dieser Bevölkerungsgruppe hauptsächlich auf lokaler und regionaler Ebene. So erfolgte die geschlossene Unterbringung von sogenannten „Gemeinschaftsfremden“ allein auf Beschluss der jeweiligen Stadtverwaltungen – so auch in Nordhausen.

Im Jahr 1938 mussten alle Familien und Einzelpersonen, die bisher in Nordhäuser Unterkünften für Obdachlose gelebt hatten, auf polizeiliche Anordnung in die neu errichtete „Polizei-Obdachlosenanstalt“ am Hüpedenweg in Niedersalza umziehen. Die Zwangsunterkunft hatte den Charakter eines Gefängnisses: Sie bestand aus drei Wohnblöcken, die von einem Drahtzaun umschlossen waren. Am Eingang befanden sich zwei Häuser, die als Dienst- und Wohnräume für die diensthabenden Polizeibeamt:innen und die Fürsorger:innen dienten. Die Bewohner:innen standen unter ständiger polizeilicher Kontrolle. Neben festen Schließzeiten gab es nur eingeschränkte Besuchszeiten. Das Licht wurde zu festgelegten Zeiten ein- und ausgeschaltet.

Die Obdachlosenanstalt war durchschnittlich mit 230 bis 240 Personen belegt. „Zum großen Teil sind die Anstaltsbewohner Psychopathen, hemmungslos und triebhaft stehen sie dem Leben gegenüber. Die meisten vegetieren so dahin“, heißt es im Verwaltungsbericht des Nordhäuser Wohlfahrtsamtes aus dem Jahr 1941. Eine Fürsorgeschwester der Obdachlosenanstalt unterstrich die „erbbiologische Minderwertigkeit vieler Familien“. Etwa 40 Familien waren zwangsweise hier untergebracht, 1942/43 stufte das Wohlfahrtsamt die Hälfte von ihnen als „asozial“ ein. Es handele sich um „arbeitsscheue“ Personen, denen das städtische Amt unterstellte, „weder einen geordneten Haushalt führen noch ihre Kinder zu brauchbaren Volksgenossen erziehen“ zu können.

Die Gebäude der ehemaligen Obdachlosenanstalt wurden nach 1945 als Wohnungen und Bürogebäude und nach 1989 als Wohnheim für Asylsuchende genutzt. Mittlerweile sind die ehemaligen Wohngebäude abgerissen worden, die früheren Eingangshäuser beherbergen die Räume eines Stadtteiltreffs.

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