8Wohn- und Geschäftshaus der Familie Hecht

Gebäude nicht mehr vorhanden
heute: Bäckerstraße 1-3
(Bäckerstraße 2)

Bretterverschlag vor einem Geschäft
Bretterverschlag vor dem Herren-und Knaben-Moden-Geschäft J. Levin (Rautenstraße 17), vermutlich nach dem Novemberpogrom (Stadtarchiv Nordhausen)

Hermann Hecht gehörte zur großen Zahl angesehener, jüdischer Geschäftsleute in Nordhausen. Nach den Novemberpogromen 1938 wurde er in das KZ Buchenwald verschleppt und anschließend gezwungen, sein Geschäft aufzugeben. Mit seiner Familie lebte er völlig entrechtet unter entwürdigenden Bedingungen in Nordhausen bis er nach Theresienstadt deportiert und schließlich in Auschwitz ermordet wurde.

Hermann Hecht wurde am 15. November 1898 in Nordhausen geboren. Er hatte im Ersten Weltkrieg als Soldat gedient und war mit dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet worden. Hermann Hecht lebte mit seiner Frau Gertrud und seiner Tochter Ilse in der Bäckerstraße 2 und führte dort ein Möbel- und Antiquitätengeschäft.

Während des Novemberpogroms am 9./10. November 1938 trieben SS- und SA-Angehörige die jüdische Familie Hecht in den Siechenhof und zerstörten ihr Geschäft. Hermann Hecht wurde zusammen mit 81 jüdischen Männern aus der Region in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Seine Frau und seine Tochter konnten am nächsten Morgen in die verwüstete Wohnung zurückkehren. Drei Wochen später, noch vor Inkrafttreten der entsprechenden reichsweiten Verordnung, erließ der Nordhäuser Oberbürgermeister Johannes Meister eine Verfügung, die es den Nordhäuser Jüdinnen:Juden untersagte, Bildungs-, Kultur- und Sporteinrichtungen zu besuchen. Wenige Tage später musste Ilse Hecht die Städtische Oberschule für Mädchen „Königin Luise“ in Nordhausen verlassen.

Nach seiner Entlassung aus dem KZ Buchenwald im Dezember 1938 traf Hermann Hecht eilige Vorkehrungen für die Emigration seiner Familie. Die Eltern versuchten zunächst, die 16-jährige Tochter Ilse in Sicherheit zu bringen. Sie befand sich an Bord des Auswandererschiffes „St. Louis“, das im Mai 1939 den Hamburger Hafen mit Ziel Havanna verließ. Da die kubanische Einwanderungsbehörde die jüdischen Passagiere in Kuba nicht an Land gehen ließ, musste das Schiff die Rückreise nach Europa antreten und landete schließlich in Antwerpen. Nach ihrer Verhaftung und Deportation wurde sie am 29. November 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.

Im April 1939 musste Hermann Hecht im Zuge der sogenannten Arisierung sein Haus und das Grundstück weit unter dem Wert an den Nordhäuser Kaufmann Willi Herbst verkaufen. Auch in den folgenden Monaten fanden Hermann und Gertrud Hecht keine Mittel und Wege, um rechtzeitig aus Deutschland herauszukommen. Sie lebten fortan mit den entwürdigenden Reglementierungen, denen Jüdinnen:Juden in Deutschland ausgesetzt waren. Am 20. September 1942 wurden sie von Nordhausen aus über Weimar, Halle und Leipzig nach Theresienstadt deportiert. Von hier verschleppte die SS das Ehepaar im Oktober 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz, wo Gertrud und Hermann Hecht ermordet wurden.