Nordhausen
im Nationalsozialismus – Ein historischer Wegweiser

Das Modehaus Schönbeck, das von der jüdischen Familie Weinbaum geleitet wurde, hatte eine langjährige Tradition in Nordhausen. Anfang der dreißiger Jahre zählte das Kaufhaus mit 105 Mitarbeitern zu den größten Unternehmen der Stadt.

Bereits am 1. April 1933 begann mit einem landesweiten Boykott von jüdischen Geschäften, Arztpraxen und Anwaltskanzleien die organisierte Judenverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland. Vor allem in den Kleinstädten riefen die Nationalsozialisten zum Boykott von Betrieben jüdischer Eigentümer auf und trieben die Geschäftsleute auf diese Weise langfristig in den Ruin. Auch die Familie Weinbaum war von öffentlichen Anfeindungen und Boykottaktionen betroffen: SA und SS beschmierten die Schaufenster ihres Kaufhauses mit Verleumdungen und hinderten die Kunden daran, das Kaufhaus zu betreten. Nach dem Novemberpogrom 1938 begann das nationalsozialistische Regime damit, jüdisches Eigentum ohne Entschädigungszahlungen zwangsweise zu enteignen. Die Familie Weinbaum musste ihr Geschäft aufgeben. Das Modehaus Schönbeck wurde "arisiert": 1938 übernahm eine Mühlhäuser Firma das Kaufhaus, das unter "arischer" Leitung und dem Namen "Modehaus Kramer" neu eröffnete. Wie viele Unternehmen konnte auch diese Firma aus der Enteignung Profit schlagen, indem sie die Immobilie zu einem Preis weit unter seinem Wert erwarb.

Nach dem Zwangsverkauf des Familienbetriebes gelang es einem Teil der Familie Weinbaum, in die Niederlande zu emigrieren. Sie überlebten dort die deutsche Besatzung und den Krieg. Andere Familienmitglieder blieben in Nordhausen und wurden später in Lager verschleppt. Sie gelten bis heute als verschollen.