Der Siechenhof wurde im Jahr 1284 als Unterkunft für verarmte und kranke Menschen errichtet. In der Zeit des Nationalsozialismus diente das Gebäude als Gefängnis, Sammelpunkt der Nordhäuser Jüdinnen:Juden vor ihrer Deportation und schließlich als Haftstätte für ausländische Zwangsarbeiter:innen.
Polizeigefängnis
Unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtübernahme setzte im gesamten Deutschen Reich eine Verhaftungswelle gegen Oppositionelle ein, die sich vor allem gegen Kommunist:innen und Sozialdemokrat:innen richtete. Auch in Nordhausen kam es zu zahlreichen Verhaftungen. Im Frühjahr 1933 richtete die Polizei im Siechenhof ein provisorisches Gefängnis ein, da die Zellen in der Nordhäuser Polizeiwache nicht mehr ausreichten, um die vielen politischen Häftlinge aufzunehmen. Mit 60 bis 120 Inhaftierten war das Polizeigefängnis im Siechenhof meist überbelegt. Im Sommer 1933 waren rund die Hälfte der Häftlinge Nordhäuser Sozialdemokrat:innen und Kommunist:innen. Mit der Überstellung der politischen Häftlinge in Konzentrationslager wurde das Gefängnis im Siechenhof um 1934 wieder aufgelöst.
Nach 1941 nutzte es die Nordhäuser Gestapo jedoch wiederum als Haftstätte - nun für ausländische Zwangsarbeiter:innen, die gegen die repressiven Aufenthalts- und Arbeitsbestimmungen verstoßen hatten.
Ausgangspunkt der Deportationen
Während des Pogroms im November 1938 trieben SA- und SS-Männer 150 jüdische Nordhäuser:innen in den Siechenhof, zerstörten ihre Wohnungen und Geschäfte und setzten die Synagoge in Brand. Am Morgen des 10. November 1938 wurden 82 jüdische Männer auf Lkws verladen und nach Buchenwald verschleppt, wo sie bis kurz vor Weihnachten inhaftiert waren. Mindestens sieben Männer starben während der KZ-Haft in Buchenwald. 1942/43 deportierte die Gestapo die 79 Jüdinnen:Juden, die noch in Nordhausen lebten, in die Vernichtungslager. Die meisten von ihnen wurden hier ermordet. Heute befindet sich im renovierten Flügel des ehemaligen Siechenhofs die Nordhäuser Kreismusikschule. An die Geschichte des Ortes während des Nationalsozialismus erinnert eine im Jahr 2008 angebrachte Tafel.